Nach mehreren Jahren der Unterdrückung berief Gott Gideon, um die Midianiter zu schlagen, und versprach ihm seinen Beistand (Ri 6,11-16). Gideon gehörte zu den Abiësritern (Ri 6,11), einer Sippe im Stamm Manasse, deren Bezeichnung auf Abiëser, einen Urenkel Manasses, zurückgeht (1Chr 7,17-18). Gideon rief zunächst durch Blasen des Schophars seine eigene Sippe, die Abiësriter, zusammen (Ri 6,34). Dann sandte er Boten an den restlichen Stamm Manasse und die Stämme Asser, Sebulon und Naftali und rief auch diese zusammen. Da das nördlich an Manasse angrenzende Gebiet Issaschars direkt in der Einfallschneise der Midianiter lag und die Boten zu den nördlichen Stämmen durch ihr Gebiet zogen (siehe Anlage 6a), dürften auch die Männer Issaschars angetreten sein. Außerdem lebten in diesen Stämmen verstreut auch die meisten Angehörigen (Annahme mindestens 75 %) des Stammes Simeon, der wie Dan sein Gebiet im Süden Judas nicht vollständig halten konnte und entsprechend der Voraussage Jakobs in Israel verstreut lebte (1Mose 49,5-7).1 Bei Manasse rief er vermutlich nur die Männer des westlich des Jordans lebenden halben Stammes herbei, da die anderen zu weit entfernt waren und auch mit hoher Wahrscheinlichkeit unter der Herrschaft der Midianiter standen (siehe  ‎4.5.1 und dort Fußnote 2).

Aus diesen Männern stellte er ein Heer in der Größe von 32 ÄLäPh auf (22 + 10, siehe Ri 7,3). Da er sich auf einen Kampf mit einem feindlichen Heer einstellte, ist davon auszugehen, dass er große Kampfeinheiten aufstellte, so wie Mose und Josua vor der Eroberung des Landes. Wenn man von Einheiten zu 1.000 Mann ausgeht und analog zu den großen Zahlen in Jos 4,13 und Jos 8,3 (siehe ‎4.2.1 und ‎4.4.5) vorangestellte Einheiten annimmt, kann man die 32 ÄLäPh in 16 Einheiten mit insgesamt 16.000 Mann aufteilen. Nach Wegsendung von 22 ÄLäPh, d.h. 11 Einheiten mit 11.000 Mann, die sich vor dem Kampf fürchteten, bleiben 10 ÄLäPh, d.h. 5 Einheiten mit 5.000 Mann übrig. Hier sind sicher nicht komplette Einheiten zurückgetreten, sondern die Ängstlichen aus allen Einheiten. Trotzdem werden die Zahlen sowohl der Zurückgetretenen als auch der Übriggebliebenen nicht nur mit dem Zahlwort 1.000 sondern auch als ÄLäPh im Sinne von Einheit angegeben (11 Einheiten mit 11.000 Mann traten zurück). Die schon in den Berichten über die Strafaktion gegen Benjamin (siehe ‎4.3.2) und die Eroberung Ais (siehe ‎4.4.3) aufgezeigte Verwendung von ÄLäPh als Kategorie für eine bestimmte Anzahl (auch unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten militärischen Einheit) wird hier also auch für die Anzahl von 1.000 Wehrfähigen bestätigt. 

Auch 5.000 Mann sind Jahwe jedoch noch zu viel (Ri 7,4). Deshalb erfolgt eine weitere Auswahl nach dem Kriterium, wer das Wasser beim Trinken mit der Zunge leckt. Dies ist eine für Menschen eher ungewöhnliche Art, Wasser zu trinken, so dass eine deutliche Reduzierung auf nur noch 300 Mann (= 6 %) erfolgt (Ri 7,5-8). Jahwe wollte, dass ihm die Ehre für den Sieg zukommt und nicht dem großen Heer Israels (Ri 7,2). Deshalb war ein Heer, das größer war, als das der Midianiter, nicht erwünscht. Auch nach der ersten Reduzierung war das israelitische Heer mit 5.000 Mann nur unwesentlich kleiner als das midianitische. Die etwas geringere Zahl wäre durch den Überraschungseffekt und die bessere Ortskenntnis, die die Israeliten auf ihrer Seite hatten, ausgeglichen worden. Bei nur noch 300 gegen 6.750 war aber eindeutig ein Wunder Gottes nötig. An dieser Stelle wird auch offensichtlich, dass bei den Israeliten in diesem Bericht mit ÄLäPh keine Einheiten zu 50 Mann gemeint sein können. Dann hätten sich nämlich aus 10 ÄLäPh (10 x 50 =) 500 Mann ergeben. Von diesen hätten 300 (= 60 %) das Wasser beim Trinken mit der Zunge geleckt – ein unglaublich hoher Anteil. Auch die Notwendigkeit einer weiteren Reduzierung von Gideons Heer wäre bei nur 500 Mann nicht nachvollziehbar. 

Es stellt sich nun noch die Frage, ob die nördlichen Stämme ein Heer von 16.000 Mann aufstellen konnten. Um diese Größenordnung zu plausibilisieren, untersuche ich in den nächsten Abschnitten noch einige weitere große Zahlen aus dem Richterbuch.

  • 1 Bei der Reichsteilung wurde Simeon jedenfalls zum Nordreich gerechnet (1Kön 11,31; siehe ‎9.6.3.2). In der Zeit von König Asa von Juda wird außerdem beschrieben, dass viele von Ephraim, Manasse und Simeon ins Süd-Reich Juda auswanderten (2Chr 15,9; siehe ‎9.7.1.1).