Im Zusammenhang mit der Bevölkerungszahl ca. 80 Jahre vor dem Exodus ist auch noch die weitere Frage interessant, ob zu dieser Zeit zwei Hebammen für das ganze Volk ausreichten. Ich zitiere dazu 2Mose 1,15+19:

15 Und der König von Ägypten sprach zu den hebräischen Hebammen, von denen die eine Schifra und die andere Pua hieß,

19 Die Hebammen antworteten dem Pharao: Ja, die hebräischen Frauen sind nicht wie die ägyptischen, denn sie sind lebenskräftig; ehe die Hebamme zu ihnen kommt, haben sie ⟨schon⟩ geboren.

Aus dem Wortlaut des Textes mit Angabe der beiden Namen ergibt sich, dass es tatsächlich nur zwei Hebammen gab. In dem Szenario in Anlage 11, Tab. 12 (3. Textfeld rechts) ist dargestellt, dass im Fünfjahreszeitraum vor der Geburt Moses vom 131. bis zum 135. Ägypten-Jahr bei den zwölf Stämmen 1.527 Kinder geboren wurden. Aufgrund der jährlich steigenden Geburtenzahl entfallen davon auf das fünfte Jahr mehr als ein Fünftel (ca. 21,6 %) der Geburten – auf das 135. Jahr also etwa 330. Zuzüglich ungefähr (330 ÷ 11 =) 30 levitische und (bei stagnierender Populationszahl von 4.000 Sklaven) rund 65 Sklavenkinder ergeben sich somit in Summe etwa 425 Geburten im 135. Jahr. Berücksichtigt man die Ausdehnung des Landes Gosen mit einem längsten Durchmesser von etwa 50 km (siehe ‎10.1.2) und eine Fortbewegung mit Eseln (siehe ‎10.1.6.1), hätten nur zwei Hebammen unmöglich bei allen Geburten dabei sein können – erst recht nicht bei einer normalerweise ungleichmäßigen Verteilung der Geburten auf die einzelnen Tage des Jahres. So ist auch die Aussage der Hebammen gegenüber dem Pharao verständlich, dass die Israelitinnen schon vor ihrem Eintreffen geboren hätten, was aber wegen der besonders kräftigen Konstitution dieser Frauen unproblematisch sei. Aus dieser Aussage kann man schließen, dass die Hebammen vorrangig bei Erstgebärenden oder Frauen mit schwierigem Schwangerschaftsverlauf tatsächlich bei der Geburt dabei waren und im Übrigen bei ihren Reisen zu diesen weitere Frauen besuchten, die vor kurzem ohne hauptamtliche Hebamme entbunden hatten, um sie bei eventuell nach der Geburt auftretenden Problemen zu beraten. Die Nachsorge zu Hause ist auch heute selbst bei Krankenhausgeburten eine wichtige Aufgabe der Hebammen. Bei der Geburt fanden die Frauen im Normalfall auch ohne persönliche Anwesenheit der Hebamme gute Unterstützung, da sie im Großfamilienverband mit vielen erfahrenen Müttern lebten. Letztere hatten bei den Besuchen der hauptamtlichen Hebammen mehrmals jährlich die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch mit diesen. Nur zwei Hebammen sind bei dieser Geburtenzahl daher noch vertretbar.

Bei gleichbleibendem Bevölkerungswachstum mit 3,2335 % hätte es laut Anlage 11, Tab. 12 (5. Zeile von unten) schon 20 Jahre vor dem Exodus bei den zwölf Stämmen (10.305 x 21,6 % =) 2.226 Geburten pro Jahr gegeben. Dafür hätten zwei Hebammen nicht mehr ausgereicht. Rechnet man in meiner vereinfachten Tabelle die Bevölkerung mit der für die traditionelle Wehrfähigen-Zahl von 603.550 Mann beim ersten Zensus notwendigen konstanten Wachstumsrate von 4,8447 % hoch, hätte es bei den zwölf Stämmen schon im Jahr der Geburt Moses 3.630 Geburten gegeben. Eine solche Zahl hätte bei den vorliegenden Entfernungen und Transportmitteln durch zwei Hebammen definitiv nicht mehr betreut werden können.