Mose war bereits vor seiner Geburt als Werkzeug Jahwes auserwählt. Seine Eltern hatten die Aufgabe, ihn schon als Kleinkind in den ersten fünf Lebensjahren (siehe ‎5.4.2) entsprechend vorzubereiten und zu prägen, dass er sich trotz der späteren Erziehung am Hof des Pharao weiterhin zum Volk Israel zählte (2Mose 2,11). Die Familie Amrams, des Vaters Moses, war deshalb sicher ebenfalls besonders auserwählt und für ihren Erziehungsauftrag befähigt. Alle drei Kinder, Mose, Aaron und auch Miriam, die als Prophetin bezeichnet wird und die Frauen beim Lobgesang für Jahwe leitete (2Mose 15,20-21), spielten beim Auszug und in der folgenden Zeit eine herausragende Rolle. Jahwe sprach auch zu Aaron und Miriam (4Mose 12,2), obwohl Mose die alleinige Führungsrolle zukam (4Mose 12,1-8).

Bei der Erziehung des Kleinkindes in den ersten fünf Lebensjahren kam insbesondere der Mutter eine wichtige Rolle zu. Gerade bei den ganz großen Männern der Bibel wie Mose waren schon deren Mütter – soweit wir von ihnen aus biblischen Berichten wissen – ebenfalls besonders auserwählt und von Gott vorbereitet. Als Beispiele seien genannt:

  • Maria, die Mutter Jesu: Von ihr wird gesagt, dass sie besonders begnadet und der Herr mit ihr war (Lk 1,28).
  • Elisabeth, die Mutter Johannes des Täufers (kein Prophet war größer als er, siehe Lk 7,28): Sie stammte selbst wie dessen Vater Zacharias aus einer Priesterfamilie und wird wie ihr Mann als gerecht vor Gott und untadelig wandelnd in allen Geboten und Satzungen des Herrn bezeichnet (Lk 1,5-6).
  • Hanna, die Mutter Samuels (er wird in Jer 15,1 in einem Atemzug mit Mose genannt): Sie weihte ihren erbetenen Sohn Jahwe, ohne zu wissen, ob sie weitere Kinder bekommen würde (1Sam 1,11). Hervorzuheben ist auch ihr Dankpsalm in 1Sam 2,1-10 als sie ihren Sohn nach seiner Entwöhnung (vermutlich mit fünf Jahren, siehe ‎5.4.2) zum Hohepriester Eli brachte (1Sam 1,21-25).

Auch Paulus erwähnt bei Timotheus, seinem hochgeschätzten Mitarbeiter (Phil 2,19-22), den Glauben seiner Mutter und sogar seiner Großmutter als relevant für seinen Glauben (2Tim 1,5; Apg 16,1).

So ist die Tatsache, dass die Mutter Moses eine Tochter Levis war (nicht nur eine Nachfahrin, siehe ‎5.4.2) und dies in 2Mose 2,1 ohne Nennung ihres eigenen Namens besonders hervorgehoben wird, sicher nicht bedeutungslos. Es war offenbar wichtig, dass sie selbst eine persönliche Beziehung zu Levi hatte.1 Daraus kann man schließen, dass schon Levi besonders auserwählt war und zumindest in seinen reiferen Jahren Jahwes Berufung folgte. Worin diese bestand, beleuchte ich in Abschnitt ‎14.4.1.1. Dem steht nicht entgegen, dass er in jungen Jahren zusammen mit seinem älteren Bruder Simeon an der Rachetat an den Einwohnern der Stadt Sichem und der Befreiung ihrer Schwester Dina beteiligt war (1Mose 34,25-26). Zwar wird aufgrund dieser Tat von Jakob kurz vor seinem Tod die Zerstreuung der Nachkommen Simeons und Levis innerhalb des übrigen Volkes vorhergesagt (1Mose 49,5-7), für die Leviten wird diese jedoch durch ihre Berufung zum Dienst für Jahwe zu einem besonderen Segen gewandelt. Eine entsprechende Wandlung nach einer späten Berufung kam auch bei anderen Gottesmännern vor und wurde bei Paulus geradezu sprichwörtlich: vom Saulus zum Paulus. Die Auserwählung aller Nachkommen Levis für den Dienst Jahwes wäre eine Analogie zur Berufung Abrahams und seiner Nachkommen.

Wenn dies zutrifft und Levi seine Nachkommen nach seiner Umkehr auf Jahwe eingeschworen hat, könnte man annehmen, dass die Nachkommen Levis stärker auf Jahwe ausgerichtet waren, als das übrige Volk. Vielleicht lag auch bei ihnen schon vor der Errichtung der Stiftshütte und ihrer Zählung und Diensteinteilung ein Erwählungsbewusstsein vor – wie bei Mose schon 40 Jahre vor dem Dornbusch-Erlebnis (Apg 7,25; 2Mose 2,11-14). Für diese Annahme spricht, dass sich auf den Aufruf Moses nach der Zerstörung des goldenen Kalbes „Her zu mir, wer für Jahwe ist“ alle Söhne Levis versammelten und in seinem Auftrag Jahwes Gericht durchführten (2Mose 32,26-28).

Ich gehe deshalb davon aus, dass die Erwählung der Leviten durch Jahwe lange vor dem Auszug aus Ägypten noch zu Lebzeiten ihres Stammvaters Levi erfolgte. Die Frage ist nun, ob Mose dies schon vor dem Kampf gegen die Amalekiter wusste.

  • 1 Ich habe deshalb für Jochebed, die Mutter Moses, ein Alter von sieben Jahren beim Tod ihres Vaters Levi angenommen. Daraus ergibt sich ein Alter von 48 Jahren bei der Geburt Moses, was noch vertretbar ist (siehe ‎5.4.2).