Schon aus dem Mittleren Reich des Alten Ägypten gibt es Dokumente, die von einem hochentwickelten Stand der Medizin Zeugnis geben. Nachfolgend ein Auszug aus Wikipedia (Hervorhebung mit Fettdruck durch M.K.):

Neben vielen Ostraka sind bislang insgesamt 13 altägyptische Papyri mit medizinischen Inhalten bekannt.[4] Diese verfügen über einen strengen Aufbau an Fallbeschreibungen und Rezepten. […]

Die im Mittleren Reich entstandenen medizinischen Papyri aus Lahun wurden 1888/89 von dem englischen Archäologen William Flinders Petrie bei Ausgrabungen in der Arbeitersiedlung Medinet-Kahun bei Al-Lahun in der Oase Fajum entdeckt, […] Sie werden in der Medizingeschichte auch oft unter der Bezeichnung Papyrus Kahun geführt. […] Sie lassen sich etwa auf die Zeit 1850 v. Chr. datieren. Auf dem einen Papyri sind gynäkologische Rezepte zu finden, auf dem anderen Anweisungen zur Behandlung von Tieren. […]

Der Papyrus Ebers ist der umfangreichste medizinische Papyrus. Er enthält 108 Kolumnen auf knapp 19 Metern und behandelt eine Vielzahl von Fallbeispielen diverser heutiger Fachrichtungen wie Gynäkologie, Innere Medizin, Zahnmedizin, Parasitologie, Augenheilkunde und Dermatologie. Des Weiteren führt er Beispiele operativer Behandlung von Abszessen und Tumoren, das Richten (Reposition) von Knochenbrüchen und die Behandlung von Verbrennungen auf und enthält eine Abhandlung über das Herz, die Blutgefäße und ein kurzes Kapitel über klinische Depression. Zudem beinhaltet er eine Sammlung von Rezepten. Traditionell wurde meist von einer Abfassung im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts v. Chr. ausgegangen. Zwischenzeitliche paläografische Untersuchungen haben ergeben, dass die medizinischen Eintragungen älteren Ursprungs sind und wahrscheinlich in der Regierungszeit von Pharao Ahmose niedergeschrieben wurden und mögliche Abschriften von älteren Vorlagen repräsentieren.

Der Papyrus Edwin Smith (auch „Wundenbuch“ genannt) ist ein auf Papyrus geschriebener altägyptischer medizinischer Text, der zu den ältesten schriftlichen Dokumenten von medizinischen Heilverfahren gehört. Er zeugt von einem bereits sehr hochentwickelten Stand der Medizin im Alten Ägypten, hier vor allem auf dem Gebiet der Chirurgie. Er wurde 1862 in Theben, wo es wie in Memphis und Sais Tempeln zugeordnete Medizinschulen gab,[8] entdeckt und geht vermutlich auf das Ende der 12. Dynastie (Mittleres Reich) in Ägypten zurück.1

Da die Geschichte Josefs und der Zug Jakobs nach Ägypten gegen Ende der Regierungszeit der 12. Dynastie im Mittleren Reich einzuordnen sind (siehe ‎1.6.1), kann als sicher angenommen werden, dass während des Aufenthalts der Israeliten in Ägypten dort schon ziemlich gute medizinische Kenntnisse vorhanden waren, die zumindest der herrschenden Klasse zugänglich waren. Dies wird auch durch alttestamentliche Aussagen bestätigt. In 1Mose 50,2 findet sich folgende Aussage:

2 Und Josef befahl seinen Dienern, den Ärzten, seinen Vater einzubalsamieren. Und die Ärzte balsamierten Israel ein.

Josef standen also Ärzte zur Verfügung. Gerade die Sitte des Einbalsamierens der Leichen, bei der die Eingeweide aus dem Körper entnommen wurden, führte dazu, dass die dafür zuständigen Personen – im Zitat als Ärzte bezeichnet – damals gute Anatomiekenntnisse hatten. Und da sie viele Vergleichsmöglichkeiten hatten, konnten sie bestimmte Krankheiten an den von diesen verursachten pathologischen Veränderungen innerer Organe erkennen und sie Symptomen zuordnen, die der Verstorbene vorher hatte. Da sich Jahwe den Israeliten nach dem Auszug in 2Mose 15,26 als „Jahwe, dein Arzt“ vorstellt, müssen auch den Israeliten Ärzte bekannt gewesen sein. Es ist sogar naheliegend, dass Josef Mitglieder seines Volkes in bestimmten medizinischen Fachbereichen ausbilden ließ. Zumindest im Bereich der Geburtshilfe ist dies sehr wahrscheinlich. In 2Mose 1,15-21 werden im zeitlichen Umfeld der Geburt Moses etwa im 135. Jahr des Ägyptenaufenthalts – wohl hauptamtliche – Hebammen erwähnt (Details siehe 5.7.3). Auch schon Jakob hatte bei seiner Flucht nach dem Massaker seiner Söhne in Sichem im Land Kanaan eine Frau dabei, die als Hebamme bezeichnet wird und die Rahel bei der Geburt Benjamins beistand. Sie konnte aber den Tod Rahels, der Mutter Josefs, nicht verhindern (1Mose 35,16-18). Dies könnte für Josef der Anstoß gewesen sein, die Frauen, die in der Großfamilie Jakobs Hebammendienste leisteten, weiter ausbilden zu lassen. Vielleicht hatte seine Frau als Tochter eines hochrangigen Priesters schon vorher Zugang zu der Medizinschule eines Tempels oder entsprechenden Schriften. Die Hebammen der Familie Jakobs konnten von den Kenntnissen der Ägypter sicher noch einiges lernen und die so erhaltenen zusätzlichen Kenntnisse innerhalb des Volkes an die folgenden Generationen weitergeben. Dasselbe gilt auch für weitere Personen mit Kenntnissen in anderen medizinischen Fachgebieten, wie z.B. der Wundbehandlung. Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass es bei den Israeliten eine grundlegende medizinische Versorgung durch die Nachfolger von ursprünglich in der Zeit Josefs ausgebildeten Ärzten und Hebammen gab. Wenn dies zutrifft, war die Versorgung bei den Israeliten, die sich auch beim Auszug noch als große Familie bzw. Solidargemeinschaft sahen und sich als Brüder bezeichneten, wahrscheinlich besser als beim Durchschnittsägypter. Bei den Ägyptern dürfte ein Gesundheitssystem mit einer flächendeckenden Infrastruktur und gleichem Zugang zu ärztlichen Versorgungsleistungen für alle sehr wahrscheinlich nicht vorhanden gewesen sein.