Das Ziel dieser Arbeit ist eine zum biblischen Kontext passende Neubewertung der konventionell viel zu großen Mann-Zahlen in den Zensus-Listen von 4. Mose 1 bis 4 und 4. Mose 26 und davon ausgehend die Entwicklung eines widerspruchsfreien Modells für die Neubewertung aller bis in die Königszeit vorkommenden überhöhten Zahlen im AT. Dies geschieht durch Übersetzung des Begriffs אֶלֶף (ÄLäPh, heute nahezu ausnahmslos mit „Tausend“ übersetzt) teilweise als „Einheit“ oder „Gruppe“, was eine weitere Bedeutung dieses hebräischen Wortes in damaliger Zeit war. Für die Entscheidung, wann mit „Einheit“ zu übersetzen ist, und für die Ermittlung der Größe dieser Einheiten werden folgende Anhaltspunkte herangezogen:

  • Hinweise, die sich aus der durchschnittlichen Gruppengröße je Stamm bei den gemusterten Wehrfähigen in den Zensusberichten ergeben
  • Vergleich mit einem viermal in 2. Mose, Josua und Richter vorkommenden Schlüsselwort für die zahlenmäßige Bewertung der alternativen Bedeutung „Gruppe“ des Begriffs ÄLäPh
  • Untersuchung von weiteren Vorkommen großer Zahlen in 4. Mose, Josua und Richter
  • Analyse der Rahmenbedingungen für die Bevölkerungsentwicklung in Ägypten anhand des biblischen Kontextes und daraus Entwicklung eines vereinfachten Modells für die Berechnung einer möglichen Bevölkerungsgröße und Altersstruktur beim Exodus, die mit allen biblischen Zahlenangaben im Umfeld von Exodus und Landnahme kompatibel sind
  • Untersuchung der Zahlenverhältnisse von Wehrfähigen zu Erstgeborenen und Leviten sowie Neubewertung und Begründung der Entstehung der großen Zahlen auch bei diesen
  • Anwendung der Interpretationsregeln auf große Zahlen bei Soldaten, Tierherden und Gewichts- bzw. Maßangaben in den Samuel-, Könige- und Chronik-Büchern
  • Anwendung der neubewerteten Zahlen auf die im Exodus-Bericht geschilderten Ereignisse
  • Überprüfung der Angaben zur Schekel-Abgabe der Gemusterten in 2Mose 38,25-26 und des sich daraus ergebenden Verhältnisses der Gewichtseinheit Kikkar (Talent) zum Schekel des Heiligtums

Durch Neuinterpretation der ÄLäPh-Angaben unter Berücksichtigung eines nach dem Exil nur bei den Zensuszahlen und wenigen weiteren Stellen in Josua und Richter aufgetretenen Revisionsfehlers können innerhalb des vorgestellten Modells die ursprünglichen Zahlen des ersten Zensus mit an Sicherheit grenzender, die des zweiten mit hoher Wahrscheinlichkeit rekonstruiert werden. Für die über 20-jährigen Wehrfähigen der zwölf Stämme ergeben sich beim ersten Zensus 23.550 und beim zweiten 25.730 Mann. Die Gesamtbevölkerung beim Exodus inklusive der Leviten zählte rund 116.000 Personen.

Die großen Zahlen in der Königszeit sind nicht durch einen Revisionsfehler verursacht. Bei korrekter Übersetzung der ÄLäPh-Angaben als Tausend oder Einheit aus dem heute vorliegenden hebräischen Grundtext ergeben sich ausnahmslos realistische Zahlen und plausible und widerspruchsfreie Geschehensabläufe, wenn man kontextkonforme Annahmen zur Füllung bestehender Informationslücken trifft. Dabei müssen weder andere Abschreibfehler angenommen noch Angaben im Bibeltext ignoriert werden.

 

 

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